Der Erlen­zei­sig: Steck­brief eines heimi­schen Vogels

Der Erlen­zei­sig ist ein klei­ner, lebhaf­ter Sing­vo­gel, den Sie beson­ders im Winter häufig in Deutsch­land beob­ach­ten können. Mit seinem gelb­grün schim­mern­den Gefie­der, dem fröh­li­chen Zwit­schern und seinem gesel­li­gen Wesen fällt er sofort ins Auge – vor allem, wenn sich ganze Trupps an Erlen und Fich­ten zu schaf­fen machen. Obwohl er bei uns heimisch ist, bleibt der Erlen­zei­sig für viele Menschen ein eher unbe­kann­ter Garten­gast. Dabei lohnt es sich, diesen char­man­ten Finken genauer kennen­zu­ler­nen: Er ist ein zuver­läs­si­ger Anzei­ger für gute Samen­jahre, ein geschick­ter Klet­te­rer und ein span­nen­der Vogel für Natur­freunde, die auch im eige­nen Garten etwas für Wild­tiere tun möch­ten.

Der Erlenzeisig
Der Erlen­zei­sig

Vogel­por­trät: Der Erlen­zei­sig im Kurz­über­blick

Merk­malBeschrei­bung
Name:Erlen­zei­sig (Spinus spinus)
Ausse­hen:Gelb­grün gefärbt, Männ­chen mit schwar­zer Stirn und kräf­ti­ger Gelb­fär­bung; Weib­chen grauer und weni­ger kontrast­reich
Zugver­hal­ten:Teil­zie­her; viele blei­ben im Land, im Winter verstärkt Gäste aus Nord­eu­ropa
Beob­ach­tungs­zeit­raum in Deutsch­land:Ganz­jäh­rig, beson­ders häufig im Winter in Schwär­men sicht­bar
Futter­typ:Samen von Erlen, Birken und Fich­ten; am Futter­haus gerne Sonnen­blu­men­kerne und feine Säme­reien
Nist­kas­ten:Klas­si­sche Nist­käs­ten werden nicht ange­nom­men; bevor­zugt freie Nester hoch in Fich­ten; selten Nutzung von offe­nen Halb­höh­len
Lebens­raum:Nadel- und Misch­wäl­der, Parks, Gärten mit Samen­bäu­men
Gefähr­dung:Nicht gefähr­det, aber abhän­gig von guten Samen­jah­ren
Beson­der­hei­ten:Sehr geschick­ter Klet­te­rer, bildet im Winter große Schwärme, reagiert stark auf Samen­an­ge­bot im Brut­ge­biet

Äußere Merk­male des Erlen­zei­sigs

Der Erlen­zei­sig ist ein klei­ner, zier­li­cher Finken­vo­gel, der durch sein lebhaf­tes gelb­grü­nes Gefie­der sofort ins Auge fällt. Erwach­sene Vögel errei­chen eine Körper­länge von rund 11 bis 12 Zenti­me­tern und wirken dadurch etwas schlan­ker als andere heimi­sche Finken­ar­ten.

Beson­ders auffäl­lig ist das Männ­chen: Es trägt im Pracht­kleid eine schwarze Stirn, eine kräf­tige gelb­grüne Ober­seite und schwarz-gelbe Flügel mit markan­ter Flügel­binde. Das Weib­chen wirkt insge­samt dezen­ter gefärbt und zeigt grau­grün­li­che Töne mit feine­rer Stri­che­lung – ein typi­sches Tarn­kleid, das beim Brüten zusätz­li­chen Schutz bietet.

Auch der Flug des Erlen­zei­sigs ist charak­te­ris­tisch: Er wirkt leicht, wellen­för­mig und wird oft von seinem lebhaf­ten, zwit­schern­den Ruf beglei­tet. Dank seines spit­zen, kurzen Finken­schna­bels kann er geschickt Samen aus Erlen- und Birken­zap­fen heraus­pi­cken. Die Stimme ist ein fröh­li­ches, schnar­ren­des Zwit­schern, das Sie beson­ders gut hören, wenn der Erlen­zei­sig in klei­nen Trupps unter­wegs ist.

Männlicher Erlenzeisig
Männ­li­cher Erlen­zei­sig

Frühere Haltung als Haus­tier

Viele Menschen wissen heute nicht mehr, dass der Erlen­zei­sig früher tatsäch­lich als Haus­tier gehal­ten wurde. Beson­ders im 19. und frühen 20. Jahr­hun­dert war es üblich, heimi­sche Finken wie den Erlen­zei­sig, Stieg­litz oder Girlitz in Käfi­gen zu pfle­gen und ihren Gesang zu schät­zen. Diese Tradi­tion ist histo­risch, entspricht aber nicht mehr den heuti­gen Natur­schutz­stan­dards.

In der Gegen­wart ist die Haltung von Erlen­zei­si­gen nur noch unter stren­gen recht­li­chen Bedin­gun­gen erlaubt – ausschließ­lich gezüch­tete Nach­zuch­ten dürfen gepflegt werden, und das auch nur bei erfah­re­nen Vogel­lieb­ha­bern. Statt klei­ner Käfige kommen heute fast nur noch groß­zü­gige Volie­ren zum Einsatz, die den Vögeln wesent­lich mehr Platz, frische Luft und natür­li­che Struk­tu­ren bieten.

Lebens­raum

Der Erlen­zei­sig ist ein typi­scher Bewoh­ner von Nadel- und Misch­wäl­dern, in denen er ausrei­chend Samen­bäume wie Fich­ten, Erlen und Birken findet. Diese Baum­ar­ten spie­len eine zentrale Rolle in seinem Leben, denn sie liefern nicht nur Nahrung, sondern dienen häufig auch als Brut­platz. Beson­ders in Fich­ten­wäl­dern fühlt sich der kleine Fink wohl, da er dort hoch oben in den Kronen sein Nest bauen kann.

Auch außer­halb geschlos­se­ner Wald­ge­biete ist der Erlen­zei­sig anzu­tref­fen. Sie können ihn in Parks, auf Fried­hö­fen oder in natur­na­hen Gärten beob­ach­ten – über­all dort, wo Samen­bäume stehen. Im Winter zieht es ihn verstärkt in mensch­li­che Sied­lungs­räume, wenn dort geeig­nete Futter­quel­len ange­bo­ten werden. Dann besucht er gerne Futter­stel­len und zeigt sich oft in lebhaf­ten Trupps, die gemein­sam auf Nahrungs­su­che gehen.

Da der Erlen­zei­sig flexi­bel und anpas­sungs­fä­hig ist, findet er in vielen Land­schaf­ten geeig­nete Lebens­räume. Entschei­dend ist immer das Vorhan­den­sein von Samen­bäu­men – ohne sie kann er weder ausrei­chend Nahrung finden, noch erfolg­reich brüten.

Fress­ver­hal­ten der Erlen­zei­sige

Der Erlen­zei­sig ist ein ausge­spro­che­ner Spezia­list, wenn es um seine Nahrung geht. Sein kurzer, spit­zer Finken­schna­bel ist perfekt dafür gemacht, Samen aus Zapfen und Kätz­chen zu lösen. Haupt­säch­lich frisst er die Samen von Erlen, Birken und Fich­ten, die einen großen Teil seiner Ernäh­rung ausma­chen. Beson­ders im Winter können Sie Erlen­zei­sige dabei beob­ach­ten, wie sie akro­ba­tisch kopf­über in den Zwei­gen hängen, um an die feinen Samen zu gelan­gen.

In guten Samen­jah­ren finden die Vögel ausrei­chend Nahrung in der Natur. In Jahren mit gerin­gem Samen­an­ge­bot ziehen sie dage­gen weite Stre­cken, um neue Nahrungs­quel­len zu erschlie­ßen. Dieses Verhal­ten erklärt, warum Erlen­zei­sige in manchen Wintern sehr häufig an Futter­stel­len erschei­nen und in ande­ren fast voll­stän­dig fehlen.

An Futter­häus­chen nehmen Erlen­zei­sige gerne feine Samen, etwa geschälte Sonnen­blu­men­kerne oder spezi­elle Wild­vo­gel­fut­ter­mi­schun­gen für Finken. Auch kleine Körner wie Hanf- oder Niger­saat werden gerne gefres­sen. Auffäl­lig ist ihr lebhaf­tes Sozi­al­ver­hal­ten: Erlen­zei­sige sind selten allein unter­wegs, sondern suchen Nahrung meist in klei­nen Trupps oder größe­ren Schwär­men.

Fressverhalten des Erlenzeisigs
Fress­ver­hal­ten des Erlen­zei­sigs

Paarung und Brut­ver­hal­ten

Die Paarungs­zeit des Erlen­zei­sigs beginnt meist im späten Winter oder frühen Früh­jahr. Schon ab Februar können Sie beob­ach­ten, wie die Männ­chen mit lebhaf­ten Gesän­gen und auffäl­li­gen Flug­spie­len um die Weib­chen werben. Dabei zeigen sie häufig ihre gelb-schwar­zen Flügel und rufen laut­stark, um sowohl Eindruck zu machen als auch ihr Revier zu markie­ren.

Der Nest­bau erfolgt über­wie­gend hoch oben in Fich­ten, oft gut versteckt zwischen den äuße­ren Zwei­gen. Das Weib­chen über­nimmt den größ­ten Teil der Arbeit: Es baut ein kompak­tes, sorg­fäl­tig verar­bei­te­tes Napf­nest aus feinen Zwei­gen, Wurzeln, Flech­ten und weichen Mate­ria­lien wie Federn oder Gräsern. Diese geschützte Lage macht es für Fress­feinde schwer, das Nest zu entde­cken.

Das Gelege besteht meist aus 4 bis 5 Eiern, die das Weib­chen etwa zwei Wochen lang bebrü­tet. Während dieser Zeit versorgt das Männ­chen seine Part­ne­rin mit Nahrung und vertei­digt das Umfeld des Nestes. Nach dem Schlupf füttern beide Eltern­teile die Jung­vö­gel mit Insek­ten und später mit Samen. Etwa nach zwei bis drei Wochen verlas­sen die jungen Erlen­zei­sige das Nest, blei­ben aber oft noch einige Zeit in Fami­li­en­grup­pen beisam­men.

Während des Sommers kann es zu zwei Bruten kommen, abhän­gig vom Nahrungs­an­ge­bot und den Wetter­be­din­gun­gen. Die enge Bindung an Samen­bäume bestimmt dabei maßgeb­lich, wo der Erlen­zei­sig erfolg­reich brüten kann.

Natür­li­che Feinde und Gefah­ren

Der Erlen­zei­sig hat – wie viele kleine Sing­vö­gel – eine Reihe natür­li­cher Feinde, die ihm sowohl in der Brut­zeit als auch im Alltag gefähr­lich werden können. Zu den wich­tigs­ten Räubern gehö­ren Sper­ber, Habicht und andere Greif­vö­gel, die gezielt kleine Finken erbeu­ten. Auch Marder, Krähen und Eichel­hä­her stel­len eine Gefahr für Eier und Jung­vö­gel dar, beson­ders wenn sie ein Nest in den äuße­ren Zwei­gen entde­cken.

In Sied­lungs­nähe spielt zudem die Haus­katze eine große Rolle. Viele Erlen­zei­sige fallen ihr beson­ders in der kalten Jahres­zeit zum Opfer, wenn sie geschwächt oder unvor­sich­tig an Futter­stel­len unter­wegs sind.

Eine weitere, oft unter­schätzte Gefahr ist der Fens­ter­schlag. Erlen­zei­sige sind aktive, schnelle Flie­ger und stoßen beim Anflug auf Futter­stel­len oder im Schwarm­flug gele­gent­lich mit Fens­ter­schei­ben zusam­men. Abhilfe schaf­fen hier aufge­klebte Muster, Spezi­al­schei­ben oder das Verset­zen der Futter­stelle.

Auch unge­eig­nete Futter­plätze bergen Risi­ken. Verschmutz­tes Futter oder nasse Futter­stel­len können Krank­hei­ten über­tra­gen, beson­ders wenn große Schwärme die glei­chen Plätze nutzen. Zudem wirken sich schlechte Samen­jahre – in denen es wenig Erlen- oder Birken­samen gibt – direkt auf die Brut- und Über­le­bens­rate aus. In solchen Jahren ziehen Erlen­zei­sige oft weite Stre­cken, um neue Nahrungs­ge­biete zu finden, was zusätz­li­chen Stress bedeu­tet.

Klima­ti­sche Verän­de­run­gen, der Verlust von Nadel­bäu­men und verän­derte Wald­struk­tu­ren stel­len lang­fris­tige Heraus­for­de­run­gen dar. Da Erlen­zei­sige stark von Samen­bäu­men abhän­gig sind, kann jede groß­flä­chige Verän­de­rung dieser Bestände nega­tive Auswir­kun­gen haben.

Erlenzeisige lassen sich in Deutschland ganzjährig beobachten
Erlen­zei­sige lassen sich in Deutsch­land ganz­jäh­rig beob­ach­ten

Wie Sie den Erlen­zei­sig unter­stüt­zen können

Auch wenn der Erlen­zei­sig derzeit nicht als gefähr­det gilt, können Sie viel dazu beitra­gen, seinem Bestand lang­fris­tig zu helfen. Beson­ders im Winter und in Jahren mit wenig Samen­an­ge­bot profi­tie­ren die klei­nen Finken von zusätz­li­chen Nahrungs- und Rück­zugs­mög­lich­kei­ten.

  • Futter­stel­len einrich­ten: Bieten Sie feine Säme­reien wie geschälte Sonnen­blu­men­kerne, Niger- oder Hanf­saat an. Der Erlen­zei­sig bevor­zugt klei­nere Körner und besucht Futter­stel­len beson­ders gern in gesel­li­gen Trupps. Achten Sie unbe­dingt auf saubere, trockene Futter­plätze, um Krank­hei­ten vorzu­beu­gen.
  • Natur­nahe Bepflan­zung wählen: Pflan­zen Sie vogel­freund­li­che Pflan­zen, die dem Erlen­zei­sig natür­li­che Nahrung liefern – vor allem Erlen, Birken und Fich­ten. Auch Wild­kräu­ter und samen­tra­gende Blüten­pflan­zen sind wert­volle Nahrungs­quel­len.
  • Wasser anbie­ten: Eine seichte Vogel­tränke unter­stützt den Erlen­zei­sig sowohl im Sommer als auch im Winter. Wech­seln Sie das Wasser regel­mä­ßig und reini­gen Sie die Schale gründ­lich.
  • Fens­ter sichern: Wenn Futter­stel­len in der Nähe von Glas­flä­chen stehen, können Fens­ter­auf­kle­ber, Muster oder spezi­elle UV-Markie­run­gen Kolli­sio­nen verhin­dern.
  • Gärten störungs­arm halten: Lassen Sie Ecken im Garten möglichst natur­be­las­sen, vermei­den Sie über­mä­ßige Schnitte während der Brut­zeit und redu­zie­ren Sie Lärm und Störun­gen in Berei­chen, in denen Vögel häufig rasten.

Mit diesen einfa­chen Maßnah­men schaf­fen Sie ein klei­nes Refu­gium, das dem Erlen­zei­sig – und vielen ande­ren heimi­schen Vogel­ar­ten – zugu­te­kommt.

Weiblicher Erlenzeisig
Weib­li­cher Erlen­zei­sig

Fazit zum Erlen­zei­sig

Der Erlen­zei­sig ist ein faszi­nie­ren­der und lebhaf­ter Vertre­ter unse­rer heimi­schen Vogel­welt. Mit seinem gelb­grü­nen Gefie­der, seinem fröh­li­chen Zwit­schern und seinem gesel­li­gen Wesen berei­chert er Wälder, Parks und Gärten glei­cher­ma­ßen. Beson­ders im Winter können Sie ihn häufig in größe­ren Trupps beob­ach­ten, wenn er nach feinen Samen oder geeig­ne­ten Futter­stel­len sucht.

Als typi­scher Samen­fres­ser ist er eng an Erlen, Birken und Fich­ten gebun­den – ein Grund, warum natur­nahe Wälder und struk­tur­rei­che Grün­flä­chen für ihn so wich­tig sind. Nist­käs­ten nutzt er kaum, doch durch ein geeig­ne­tes Nahrungs­an­ge­bot, wenig Störun­gen und sichere Futter­plätze können Sie ihm dennoch wert­volle Unter­stüt­zung bieten.

Wer den Erlen­zei­sig einmal bewusst beob­ach­tet, wird schnell fest­stel­len, wie geschickt, sozial und anpas­sungs­fä­hig dieser kleine Fink ist. Er zeigt eindrucks­voll, wie viel­fäl­tig und leben­dig unsere heimi­sche Vogel­welt ist – und wie lohnend es ist, ihr im Alltag ein wenig Aufmerk­sam­keit zu schen­ken.